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Aufsehen erregende Vorhersagen

Eine Roland Berger-Studie sagt voraus, Photovoltaik werde die Energiebranche gründlich verändern. Endkunden könnten künftig durch Photovoltaik selbst Energie erzeugen – und die Energielandschaft werde zu einem multidirektionalen System. Aber auch die deutsche Solarwirtschaft hat noch ihre Chancen - in einem Markt, der künftig nicht mehr in Giga-, sondern in Terawatt gemessen wird.

Gemäss den deutschen Strategie-Konsulenten gefährdet diese Entwicklung das Geschäftsmodell der bisherigen Energieversorger, schafft aber auch neue Geschäftsmöglichkeiten. Aktuell decken traditionelle Energieversorger in Europa weniger als 1 Prozent der installierten Photovoltaik-Kapazität ab. Versorger/-innen sollten sich vorbereiten, um die grossen Wachstumschancen des Photovoltaikmarktes für sich zu nutzen.

Traditionelle Energieversorger spielen nur marginale Rolle

Die Photovoltaik (PV) ist weltweit bereits ein stabiler Wachstumsmarkt. Allein im vergangenen Jahr stieg die globale Photovoltaik-Kapazität im Vergleich zum Vorjahr um knapp 40 Gigawatt Leistung (GW); insgesamt beläuft sie sich auf 177 GW. Doch obwohl dieser Markt so schnell wächst, spielen die traditionellen Energieversorger im Bereich der Photovoltaik immer noch eine nur marginale Rolle: Auf sie entfällt in Europa nicht einmal ein Prozent der installierten Kapazität, so die neue Roland Berger-Studie «Solar PV could be similar to the shale gas disruption for the utitilities industry».

«Die meisten PV-Anlagen werden immer noch auf Dächern von Häusern und Firmengebäuden installiert», erläutert Torsten Henzelmann, Partner von Roland Berger Strategy Consultants. «Projektentwickler, Investoren, Haushalte und Gewerbetreibende werden so zu einer ernsthaften Konkurrenz für die traditionellen Energieversorger. Diese sollten daher die Marktchancen der Photovoltaik schnell erkennen und für sich nutzen.»

In eigene Photovoltaikanlage investieren 

In Europa werden sich voraussichtlich immer mehr Privathaushalte und Firmen in den kommenden Jahren entscheiden, in eine eigene Photovoltaikanlage zu investieren. Einer der Hauptgründe: Die Preise für PV-Anlagen in Europa sinken weiter; die Investition wird deshalb immer attraktiver. So gingen die Systemkosten der PV-Anlagen bei Privathaushalten zwischen 2010 und 2013 um 15 Prozent zurück; im Gewerbebereich nahmen die Kosten im gleichen Zeitraum sogar um 23 Prozent ab. Im europäischen Vergleich zeigen Deutschland und Italien besonders günstige Anlagenpreise im Haushaltsbereich.

Vorteilhaft ist auch die aktuelle Preisentwicklung des PV-Stroms. In Deutschland ist dieser im Privatbereich 17 Cent/kWh günstiger als der Einzelhandelsstrompreis. «Innovative Technologien wie Batteriespeicher und Hausautomationssysteme werden dazu führen, dass die Eigentümer einen höheren Anteil des günstig erzeugten Solarstroms selbst nutzen werden», erklärt Henzelmann. Hinzu kommen die guten Finanzierungsmöglichkeiten: Der leichte Zugang zu Finanzierungen und Dienstleistungsangeboten steigern das Interesse der Verbraucher am Kauf einer Photovoltaikanlage. Diese Faktoren werden in den kommenden Jahren für ein weiteres Wachstum der PV-Branche sorgen. So gehen die Roland Berger-Experten davon aus, dass bis 2030 fast 12 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Europa auf Photovoltaik entfallen werden. Doch trotz der starken Entwicklungsperspektiven des PV-Marktes ist der Anteil der europäischen Energieversorger derzeit sehr gering: Weniger als 1 Prozent der installierten PV-Kapazität ist auf die traditionellen Versorger zurückzuführen.

Klassische Energielandschaft wird stark verändert

«Diese Entwicklung des PV-Marktes wird sich in vielen Ländern erheblich auf die Energiekonzerne auswirken», prognostiziert Roland Berger-Partner Torsten Henzelmann. So wird die Photovoltaik-Kapazität in Ländern wie Deutschland, Griechenland und Italien schon 2025 die Grundlastnachfrage übersteigen. Sie könnte sogar 50 Prozent der Spitzenlastnachfrage übertreffen und dadurch mehr Exporte und Speicherkapazitäten erfordern, um der Marktlage gerecht zu werden. «Das wird die klassische Energielandschaft stark verändern», sagt Henzelmann. «Versorger/-innen müssen sich auf zunehmende Schwankungen des Energiesystems, den Verlust von Erzeugungsvolumen und niedrigere Preise einstellen. Ausserdem werden neue Akteure auf diesem Markt agieren. Das Wachstum der Photovoltaik-Branche stellt nicht nur eine Herausforderung für Energieversorger dar – es ist für sie auch eine Chance, auf ein neues, zukunftsträchtiges Geschäftsfeld zu setzen. Denn konventioneller Strom wird weniger gefragt sein – vor allem auf dem margenstarken Wohnungsmarkt. Energiekonzerne sollten den Umfang ihrer Erzeugungsanlagen reduzieren und flexibler auf Schwankungen bei Angebot und Nachfrage reagieren», rät daher Torsten Henzelmann.

Neue Preismodelle entwickeln

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Versorgungssicherheit: Die starken Leistungsschwankungen der Photovoltaik zwingen Energieanbieter, neue Preismodelle für den Zugang zur Stromversorgung zu entwickeln. Ihre Hauptrolle wird sich daher zunehmend verlagern: von der traditionellen Energielieferung hin zur Abstimmung von Nachfrage und Angebot. So wird sich die Präsenz der Energieanbieter im Handel verstärken, denn hier können sie von ihren langjährigen Kundenbeziehungen profitieren.

Die Photovoltaik-Branche in Deutschland hat weiterhin viele Chancen, sich mit Spitzenforschung im weltweiten Wettbewerb zu behaupten. Dieses Fazit zog Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme, auf der Intersolar Europe in München. «Die Photovoltaik-Technologie ist schon heute in vielen Einsatzfällen und Regionen wettbewerbsfähig, und sie wird in Zukunft zu den preisgünstigsten Stromquellen überhaupt zählen. Wir werden Photovoltaik mittelfristig nicht mehr in Gigawatt, sondern in Terawatt messen», so die Einschätzung des Solarexperten. Weber: «Die Solarbranche wird weiterhin chancenreich auf den wachsenden Märkten agieren können, wenn sie die Ergebnisse der Spitzenforschung im industriellen Massstab auf den Markt bringt und sich damit Vorteile im Qualitäts- und Kostenwettbewerb erarbeitet.» 

Quellen: Roland Berger Strategy Consultants  &  Bundesverband Solarwirtschaft